Fr, 17. Juli 2020 – Wichtenbeck

Spargelhof Niemann in Wichtenbeck

„Tue Gutes und sprich darüber“

Im Juli 2020 haben Kristina Huber und Peter Block den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Niemann in Wichtenbeck besucht. Hauptakteur auf diesem Hof ist kein Vieh, das nach Bio-Richtlinien gehalten wird, sondern Spargel und Erdbeeren, die auf konventionelle Art angebaut werden.

Der Spargelanbau gestaltet sich bei Niemanns wie bei so vielen anderen. So werden vorab Bodenproben entnommen, um die erforderliche Düngung zu ermitteln. Des Weiteren werden die Spargeldämme mit den schwarz-weißen Folien abgedeckt, die den Boden bzw. das darin versteckte „weiße Gold“ je nach Bedarf entweder kühlen oder beheizen.

Um dem Pilzbefall Herr zu werden, kommen Fungizide zum Einsatz. Und abschließend werden Wurzelproben genommen, um zu überprüfen, ob die für die Düngung ausgebrachten Gärsubstrate zu Beginn richtig ermittelt wurden.

Naturgerecht wirtschaften hat seinen Preis

Dass diese Ansätze die Natur und die Umwelt beanspruchen, ist Hinrich Niemann durchaus bewusst. Ebenso die Tatsache, dass das Wirtschaften gemäß Bio-Richtlinien (und einer entsprechenden Zertifizierung) der verträglichere Weg wäre. Warum er dann trotzdem auf dem konventionellen Weg bleibt? Weil die Wirtschaftlichkeit des Betriebs oberste Priorität hat und diese unter dem Diktat der Bio-Richtlinien nicht mehr gegeben wäre, so Hinrich Niemann offen und ehrlich.

Damit diese bei einem edlen und grundsätzlich hochpreisigen Gemüse gewährleistet sein kann, bedarf es eines noch viel ausgeprägteren Bewusstseins für die Thematik in der Gesellschaft sowie der Bereitschaft wieder angemessene Preise für Lebensmittel zu bezahlen.

 Hinrich Niemann inmitten seines Reichs
Hinrich Niemann inmitten seines Reichs
Foto: Peter Block
 Blühstreifen - Wahre Augenweiden
Blühstreifen - Wahre Augenweiden
Foto: Peter Block

Da Hinrich Niemann seine Verantwortung als Landwirt aber sehr ernst nimmt, hat er in den letzten Jahren eine Vielzahl von alternativen Maßnahmen auf den Weg gebracht um der Natur und der Umwelt wieder etwas zurückzugeben.

Naturschutz ist Geben und Nehmen

Um wieder mehr Lebensraum für Insekten und Ackervögel zu schaffen, legt er jedes Jahr entlang seiner Felder ausgedehnte Blühstreifen an. Die angrenzenden Wegesränder, die im Besitz der Gemeinde sind, sollen möglichst naturbelassen bleiben und stellenweise mit einzelnen Obstbäumen und Hecken bepflanzt werden.

Von besonderem Wert sind Niemanns größere, mehrjährige Blühflächen. Sie bieten Raum für die Fortpflanzung und Überwinterung von Insekten sowie Schutz für Bodenbrüter und Niederwild.

Weitere Initiativen

Darüber hinaus unterstützen er bzw. seine Kunden über das Niemanns Bonusheft die Initiative „Lass es blühen“, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, unsere Region im großen Stil mit Blühstreifen zu bereichern. So können Kunden den 10 € Gutschein, der sich aus einem vollen Bonusheft ergibt, in eine Spende an die Initiative umwandeln, die der Spargelhof Niemann dann nochmal verdoppelt.

Zusätzlich sät Hinrich Niemann seit einiger Zeit ein Kleegrasgemisch zwischen den Spargeldämmen an, was ihm unter anderem ein erhöhtes Aufkommen an Regenwürmern, die fleißig die Böden auflockern, beschert und auch erheblich zur Humusbildung beiträgt.

Bereits mehrmals hat der Spargelhof Niemann die Klimaberatung seitens des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums in Anspruch genommen. Dabei steht vor allem die CO2-Bilanz des Betriebs bzw. deren Reduzierung im Vordergrund.

In diesem Kontext hat Hinrich Niemann über die vergangenen Jahre zum Beispiel komplett auf Ökostrom umgestellt. Und seit der letzten Saison ist für die Belieferung der Spargel-Verkaufsstände ein Elektro-Fahrzeug im Einsatz.

 Mehrjähriger Blühstreifen
Mehrjähriger Blühstreifen
Foto: Peter Block
Kleegrasgemisch auf den Zwischenstreifen im Spargelfeld
Kleegrasgemisch auf den Zwischenstreifen im Spargelfeld
Foto: Peter Block

Eine große Umweltbelastung stellen auch die Spargelfolien dar, für die es bis heute keine wirkliche Alternative gibt. Um diese Problematik in einem überschaubaren Rahmen zu halten, werden die Folien mehrmals wiederverwendet. Und wenn die Folien ihre Lebenszeit erreicht haben, werden sie zu 100 % recycelt und als Kunststoffgranulat wieder in den Kreislauf eingebracht.

Daneben hält Hinrich Niemann auch seine Kunden an, den Kunststoffkonsum zu reduzieren. So erhalten diese, wenn sie ihre Spargeltüte beim nächsten Einkauf wieder mitbringen, 10 Cent Rabatt.

Mit all diesen Maßnahmen schlägt Hinrich Niemann gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: So sind die geschilderten Maßnahmen zum einen natürlich ein wertvoller Beitrag zum Natur- und Umweltschutz. Zum anderen dienen sie – bei entsprechender Werbung – auch der Imagepflege des Hofs, was letzten Endes zu einer Steigerung der Umsätze führt. Für den Landwirt somit ein doppelter Gewinn.

Auch konventionell kann nachhaltig

Der Spargelhof Niemann hat sich in der Gegend etabliert, es geht ihm gut. Doch auch er muss immer wieder die Anklagen gegen die konventionelle Landwirtschaft über sich ergehen lassen. Und genau an dieser Stelle steht Hinrich Niemann für sich und seine Kollegen auf. Er möchte ihnen ein Vorbild sein und sie mobilisieren, nachhaltige Maßnahmen zu initiieren und dann auch zu publizieren. Denn das ist aus seiner Sicht der Schlüssel, um das Schwarz-Weiß-Denken in den Köpfen aufzulösen.

Text: Kristina Huber & Peter Block

Spargelhof Niemann

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