Di, 06. April 2021 – Landkreis Uelzen

NABU-Kreisgruppe zu Baumfällungen in Uelzen

Seit Inkrafttreten des neuen Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März 2010 werden Fällzeiträume aus Gründen des Artenschutzes in der Zeit vom 1. Oktober bis 28. Februar eines Jahres einheitlich vorgegeben.

Naturschutz beginnt ebenfalls zuerst vor der eigenen Haustür und daher ist es auch Gartenbesitzern nunmehr verboten, Bäume außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen, Hecken, lebenden Zäune, Gebüschen und anderen Gehölzen in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen.

Was den aufmerksamen und empathischen Beobachtern im Februar 2021 in und vielleicht auch um Uelzen herum aufgefallen ist, kann man nur als „Kettensägen-Massaker“ bezeichnen. Die örtliche Zeitung berichtete und darin waren unter Umständen noch nicht einmal alle Fäll-Aktionen benannt. Auch viele Leserbriefe bezeugten eine erboste Reaktion der Menschen und verkündeten ein tiefes Unverständnis.

Grüne Inseln in Städten sind klimatisch von großer Bedeutung als Temperatursenker, Sauerstoff- und damit Frischluftproduzenten und nicht zuletzt binden sie CO2, was sie unentbehrlich für den Klimaschutz machen. „Um nur einen einzigen ausgewachsenen Baum in seiner Wirkung auf das Klima zu ersetzen, braucht es mehrere hundert junge Bäume. In den ersten Jahren nach der Pflanzung legen Bäume nur einen geringe Biomassenvorrat an. Dieser ist Voraussetzung für die Speicherung von Kohlenstoff. Abhängig von der Art des Baumes, seines Alters, der Dichte seines Holzes, der Bodenqualität seines Standortes und seiner Zuwachsrate kann ein Baum pro Jahr etwa 10 bis 13 Kilogramm Kohlenstoff binden.

Gefährdete Bäume im Schlosspark Holdenstedt
Gefährdete Bäume im Schlosspark Holdenstedt
Foto: Rolf Alpers
Abgeholzter Erlenbruchwald im Breidenbeck
Abgeholzter Erlenbruchwald im Breidenbeck
Foto: Rolf Alpers

Eine 80-jährige Buche mit einer Höhe von mindestens 20 Metern und einem Stammdurchmesser von 30 Zentimetern kommt auf etwa diesen Wert. Ein solcher Baum hat etwa 550 Kilogramm Trockenmasse in seinem Stamm, den Ästen und den Blättern. Weitere etwa 50 Kilogramm befinden sich in den Wurzeln. In diesen rund 600 Kilogramm Trockenmasse speichert ein solcher Baum etwa eine Tonne Kohlenstoff. Für diese Leistung benötigt er allerdings 80 Jahre! Um jährlich eine Tonne CO2 aus der Atmosphäre zu binden, bedarf es also rund 80 ausgewachsener Bäume. Umso wichtiger wäre es, keinen einzigen Tag mehr zu verlieren und zu handeln! Die Zeit sitzt uns bedrohlich im Nacken: je länger wir warten und je wärmer es auf der Erde wird, desto trockener wird sie zugleich und damit schrumpfen auch die potentiellen Flächen für die Anpflanzungen neuer Wälder“.

(Quelle: https://www.carbon-connect.ch/de/klimalounge/news-detail/229/wo-wird-weltweit-wald-aufgeforstet-und-wieviel-co2-bindet-wald/)

Um Bauprojekte nicht zu gefährden, mussten alle Bäume also vor dem 1. März noch fallen. Dem NABU als Träger öffentlicher Belange wurden all diese Maßnahmen nicht angezeigt und daher konnte nur nachträglich reagiert werden, was bedauerlich ist. Selbstverständlich hat der NABU die Hansestadt Uelzen und den Bürgermeister mit einem Fragenkatalog in die Pflicht genommen, doch dadurch wurde kein Baum wieder aufgerichtet. Was aber aus den Antworten ersichtlich ist, ein tiefes Verständnis für die ökologische Bedeutung und den Belang von Natur ist trotz Klimamanager im Rathaus nicht vorhanden. 2 Planstellen sind in Uelzen dafür vorhanden, für die alle Steuerzahler aufkommen müssen.

Ökonomie und Ökologie leben trotz vollmundiger Bekundungen in einem nicht gelösten Spannungsfeld, in dem, wie auch in Uelzen, wohl weiterhin die Natur den Kürzeren zieht. Der Emsberg mit dem an sich lobenswertem KITA-Bau könnte der nächste GAU werden. Der Park an der ehemaligen Veerßer Klinik ist es schon. Auch die Bäume im Schlosspark in Holdenstedt sind vor der Kettensäge nicht sicher, wenn die Stadt trotz Baumschutzsatzung nur allzu willig Genehmigungen erteilt. Es gilt vielleicht der abgewandelte Spruch aus der Reformationszeit: Wenn nur die Münze im Kasten klingelt, dann der Rat vor Freuden spring(e)t. Wird der Plan östlich des Elbeseitenkanals verwirklicht, dann fallen weitere viele ha an Kieferwald. Wo und wie die Stadt dann das kompensiert, ist von größtem Interesse.

Der NABU möchte nun aber nicht als Verband der Verhinderer angesehen werden. Wann immer innerstädtische Flächen zu erschließen sind, die eine Verdichtung der Bebauung mit sich bringen, bedeutet das, Fläche am Stadtrand wird eingespart und führt zu kürzeren Wegen. Die Frage ist aber immer, wie und in welchem Umfang ist das möglich und sind die Eingriffe in die Natur verhältnismäßig, wohl abgewogen und können leichter kompensiert werden.

Auf die Frage, was unternimmt die Stadt Uelzen, um im Sinne des „Niedersächsischen Weges“ Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz sicherzustellen, kam folgende Antwort:

Unter anderem mit folgenden Maßnahmen:

  • Allgemeines Glyphosatverbot für städtische Flächen seit 2018
  • Initiierung und Fortführung des Projekts „Fühler ausstrecken“ für den Insektenschutz
  • Umsetzung von Klimaschutzmaßnahme in Neubaugebieten im Rahmen der
  • Bauleitplanung, z.B. Ausschluss von Schottergärten.

Sorry, das ist für den NABU zu wenig und auch nicht konkret genug, wenn das die Handschrift von Klimamanagern in einer klimafreundlichen Hansestadt ist. Laut Internetauftritt hat sich die Stadt diesem Anspruch verschrieben:

Klimaschutz in der Hansestadt Uelzen

Der Klimaschutz gehört weltweit zu den größten Herausforderungen. Deshalb hat sich die Hansestadt Uelzen zum Ziel gesetzt, den klimaschädlichen Kohlendioxid Ausstoß vor Ort zu reduzieren. 2014 wurde die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes per Ratsbeschluss beschlossen, welches konkrete Ziele und Maßnahmen zur Zielerreichung beinhaltet. Das Klimaschutzmanagement der Hansestadt koordiniert seither die Umsetzung dieser Maßnahmen.

Text: Fritz Kaune Fotos: Rolf Alpers

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