Fr, 19. Dezember 2014 – Region Uelzen

Thesen der NABU Kreisgruppe Uelzen zu den Neubauplänen der Bahn in unserer Region

Innerhalb des NABU ist unumstritten, dass der Güterverkehr auf die Schiene gehört, Aber auch hier gibt es noch Potenzial, um Energieverbrauch, Schadstoffausstoß und Lärmemission zu senken.

Wenn sich die Bahn weiterhin ihren Öko-Bonus im Umweltschutz erhalten will, muss sie aber ihre Umweltbilanz stetig verbessern und bei den jetzt in der Heideregion beginnenden heißen Debatten um ihre Neubaupläne auch zeigen, dass ihre Neubauvorhaben ökologisch vertretbar sind.

Was weiß man über die Neubaupläne?

Festzuhalten ist, dass es in der örtlichen Presse schon im Februar 2000 einen Artikel mit privaten Vorschlägen zu Neubauplänen der Bahn als sogenannte Bypasslösung gegeben hat. Dann war es lange Zeit still im Blätterwald, bis im April 2014 wieder über die Vorhaben der Bahn und die Auswirkungen auf unsere Region sehr detailliert berichtet worden war.

Dann erfolgte im Juni d. J. eine Information der Bahn in der Stadthalle, die nur für Amts- und Mandatsträger durchgeführt wurde. Bemühungen aus der örtlichen Politik, auch die Öffentlichkeit zu beteiligen und damit den Betroffenen entsprechende Erklärungen zu geben, lehnte der Konzern vorerst strikt ab, ist nun aber bereit, im September in Uelzen auch den Bürgerinnen und Bürgern Fragen zu beantworten, die im Planungsbereich der Trassen leben.

Es hat aber allen Anschein, als wolle die Bahn die Diskussion um ihre Pläne möglichst kurz und wenig intensiv gestalten. Wie ambitioniert die Bahn dabei ist, ihre gleichsam im verborgenen erarbeiteten Planungen durchzuboxen, zeigt der Zeitplan: Bereits 2015, spätestens Anfang 2016 soll das Bauvorhaben entscheidungsreif sein. Wer zum heutigen Zeitpunkt aber wissen möchte, was der Bahn-Konzern überhaupt vorhat, muss in detektivischer Manier das Internet durchforsten, um sich die Fakten mühsam zu erarbeiten. Die Kommunikationsstrategie ist alles andere als offen.

Worum geht es?

Der Uelzer Raum wird trassenmäßig wie folgt von den Planern getroffen:

A) Neubaustrecke Ashausen (vor Winsen/Luhe) nach Suderburg
B) Neubaustrecke Ashausen nach Unterlüß
C) Ausbaustrecke der alten Amerika-Linie Langwedel nach Uelzen
D) Anschluss an den Veerßer Bogen und in der Weiterplanung 2-gleisiger Ausbau Uelzen - Stendal

Verlauf der Strecken

Strecke A

Nördlich von Velgen, im östl. Ausläufer des Süsing trifft die Trasse das Kreisgebiet, führt dann an Velgen und Haarstorf vorbei zwischen Wessenstedt und Vinstedt verlaufend durch den östl. Bobenwald, um dann westl des Hainbergs zwischen Bohlsen und Hansen den Anschluss nördlich von Suderburg an die alte N-S-Linie zu schaffen.

Strecke B

Östl. von Wettenbostel im westl. Teil des Süsing trifft die Trasse das Kreisgebiet, führt dann weiter östl. von Wriedel nach Ellerndorf, Eimke und an Dreilingen vorbei in das große Waldgebiet zwischen Hösseringen und Unterlüß, um dann dort die N-S-Strecke zu treffen.

Strecke C

allen bekannt

Strecke D

Hier liegen 2 Varianten vor:

a) Zwei Anschlussbögen in der Gemarkung Bohlsen mit Weiterführung an Obstgut Alten die B71 passierend zum Veerßer Bogen.

b) Abzweig in Höhe Altenebstorf von der Amerika-Linie Richtung Osten, Stadt- wald und Immenhof, dann weiter an Obstgut Alten vorbei südl. von Veerßen mit Anschluss an die Strecke nach Stendal vor der Brücke Uhlenring B4.

Stellungnahme des NABU zu den Planungen

Als Naturschutzverband lehnt der NABU wegen der enormen Zerschneidungswirkung im Raum der Lüneburger Heide und im Westkreis von Uelzen grundsätzlich die Planung ab. Viele Fragezeichen und wichtige Gründe sprechen gegen diese Projekte:

Wie gesichert ist überhaupt die Prognose, dass das vorhandene Schienennetz nicht ausreicht? Denn nach Pressemeldung sind z. B. viele Vorhersagen im Verkehrswesen hinter den vorausgesagten Zahlen zurückgeblieben.

Wenn eine Ertüchtigung der Trasse bis Lüneburg möglich war, warum ist das bis Uelzen und darüber hinaus nicht an erster Stelle angedacht?

Sind die Eingriffe in unzerstörte Kulturlandschaften und jahrelange Bauphasen mit entsprechender Logistik für Mensch und Umwelt überhaupt tragbar?

Die von der Trasse durchschnittenen Wälder als Lebens- und Erholungsraum werden nachhaltig beeinträchtigt und dürften einen hohen Blutzoll an Wildtieren fordern, deren angestammte Wechsel gequert werden.

Welche Vorteile hätte eigentlich der Uelzer Raum, wenn der Schienenverkehr auf den ausgebauten Schnellstrecken nach Süden und Osten abgeführt wird? Verbesserungen im Netz sind daher dort vorzunehmen, wo mit begrenztem Aufwand ein möglichst großer Effekt erzielt werden kann.

Die neue Strecke würde keine regionale Erschließ-ungswirkung bringen, sondern nur den Metropolen dienen. Bisher weitgehend unbelastete Landschaften würden radikal zerschnitten. Land- und Forstwirtschaft hätten Flächenverlust mit möglicherweise Gefährdungen einzelner Existenzen zu ertragen. Der Erholungswert der Heideregion wird massiv herabgesetzt, Brückenbauwerke / Überführungen bei der Überwindung von Flusstälern / Landschaftseinschnitten zersiedeln zusätzlich die Landschaft.

Wertverluste für Immobilien- und Grundbesitzer sind quasi als kalte Enteignung vorherbestimmt, wenn der Verkehrswert sich an den gängigen Richtwerten orientiert.

Noch mehr Menschen werden unter einer massiven und dauerhaften Lärmbelästigung leiden. Sind Lärmschutzwände in der Nähe von Wohnungen ein sachgerechter Ausgleich?

Wer ersetzt den Verlust von Naherholungsgebieten, wenn Wege / Wanderpfade durch die Trasse abgeschnitten werden und, da sie nicht existenzgefährdend sind, auch nicht von der Bahn durch Brücken, Tunnel etc. erhalten werden müssen?

Viele Großprojekte laufen finanziell aus dem Ruder. Sollte die Bahn jetzt schon mit Problemen kämpfen, das vorhandene Netz zu erhalten, unter welchem Spardiktat stehen dann die Neubauplanungen? Überall bei öffentlichen Aufträgen erleben die Steuerzahler, dass der billigste Ausschreibungsgewinner nicht immer der günstigste ist. Zu verhindern wird sein, dass der Deutsche Bundestag ggf. mit kleinen Zahlen geködert wird.

Die Bahn muss ihre Pläne daraufhin prüfen lassen, dass ihre Kostenschätzung nicht geschönt ist, um der billigsten Trasse dann den Vorzug zu geben. Ferner muss sichergestellt sein, dass keine Unterfinanzierung vorliegt, aus deren Klemme dann der Steuerzahler wie beim Berliner Flughafen helfen wird.

Verbesserungen im Netz sind daher dort vorzunehmen, wo mit begrenztem Aufwand ein möglichst großer Effekt erzielt werden kann. Die neue Strecke würde keine regionale Erschließungswirkung bringen, sondern nur den Metropolen dienen.

Damit ein Engpass auf der bestehenden Nord-Süd-Magistrale verhindert wird und mehr Güter auf die Schiene verlagert werden können und der regionale Personenverkehr nachfragegerecht ausgeweitet werden kann, fordert der NABU zwei andere realisierbare Lösungen zu verfolgen: Schrittweiser Ausbau der vorhandenen Trasse zur Entmischung der verschieden schnellen Zugtypen sowie die Aufwertung der ebenfalls vorhandenen Amerika-Linie, um sie für zusätzlichen Güterverkehr tauglich zu machen.

Bleibt es beim Verbot der Elbvertiefung, wird sich der Containerumschlag nach Westen (Wilhelmshaven / Bremerhaven) und auch zum Bedauern der Hamburger nach Rotterdam verlagern. Das bringt dann das Elbe-Weser-Dreieck mit einem Plan ins Spiel, die vorhandene Infrastruktur der EVB (Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH) zu nutzen / zu verstärken und sie mit dem Netz der DB zu koordinieren, damit der Hafenhinterlandverkehr aus diesem Bereich der Seehäfen auf die Schiene gebracht wird. Der NABU betrachtet diese Möglichkeiten als verkehrspolitisch sinnvoll und gesellschaftlich stärker konsensfähig.

Damit es nicht heißt, der NABU sperrt sich gegen den Ausbau bundesdeutscher Infrastruktur und mutet damit den Menschen an den Alt-Strecken noch mehr Verkehr zu, muss die DB parallel verstärkt die Lärmsanierung im Schienennetz beschleunigen, um die Anwohner stark befahrener Strecken zu entlasten. Nur so kann eine Voraus-setzung für die Akzeptanz des weiter wachsenden Güterverkehrs geschaffen werden.

Vielleicht muss man auch überlegen, den Planungsauftrag für eine Gesamtkonzeption des Schienenverkehrs in Norddeutschland einem neutralen Planer zu übertragen, da die DB immer stärker ihrem Eigennutz verhaftet ist

Damit ist für den NABU Kreisverband Uelzen klar, dass er die jetzt bekannten Überlegungen der DB nicht mittragen kann. Er fordert einen offenen Dialog im Raumordnungsverfahren, eine ergebnisoffene Diskussion unter Einschluss aller betroffenen Kommunen oder Vertretern der Verwaltungsspitzen und der gesellschaftlich relevanten Natur- und Umweltschutzverbände.

Es geht nicht um die Verhinderung von Großprojekten oder darum, „den eigenen Vorgarten sauber und unbelastet zu lassen“, sondern um die Frage, welchem Primat wir unterliegen: Dem der Ökonomie oder ob wir es denn schaffen, einen vernünftigen Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie hinzubekommen, damit wir den Erhalt einer lebenswerten Um- und Nachwelt für uns, unsere Kinder und Kindeskinder sichern können.

ICE-Attrappe
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Foto: Fritz Kaune

Kategorie: Standpunkte

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